Im Interview mit Dr. Klaus Reichert geht es darum, dass Digitalisierung zuerst eine Frage der Einstellung ist und wie Unternehmen bei der schnellen Taktung der Digitalisierung mithalten können. Digitalisierung bedeutet, nicht einfach analoge Prozesse in digitale abzubilden. Stattdessen ist es wichtig, bei der Wandlung Innovationen zu fördern.

Interview Dr. Klaus ReichertHerr Reichert, Sie sagten einmal: „Digitalisierung ist zuerst eine Frage der Einstellung". Was meinen Sie damit?
Digitalisierung reiht sich ein in eine lange Kette von Veränderungsschüben. Die meisten von uns haben keine anderen großen Umwälzungen erlebt, deswegen tendieren wir dazu, diese aktuelle Phase subjektiv zu überhöhen und deren Bedeutung zu überbetonen. Digitalisierung ist ja nichts Neues, aber sie kommt gerade in der Mitte der Gesellschaft an. Das Thema wird jetzt von denen entdeckt, die es bisher eigentlich verschlafen haben. Und dann zwangsläufig als etwas Neues sehen (müssen). Das verzerrt meiner Ansicht nach den Blick auf die Prioritäten. Unseren strategischen Fokus sollten wir deswegen nicht auf die „Digitalisierung“ legen, sondern auf den Umgang unserer Organisation und unserer Gesellschaft mit dem „Neuen". Wenn wir es also schaffen, Wege zu finden, unsere Organisation für Innovationen fit zu machen, schaffen wir automatisch auch taktische Möglichkeiten für immer wieder neue aktuelle Entwicklungen wie die Digitalisierung. Denn „Digitalisierung" ist ja kein homogener Block, sondern eine Vielzahl an Technologien, Konzepten, Plattformen, Geräten, Chancen und Herausforderung muss als „Tagesgeschäft“ angelegt sein.

Bei der Geschäftsführung und bei den Mitarbeitenden. Und daran mangelt es in vielen Betrieben in Deutschland. Wenn wird dieses Umgehen mit dem Neuen nicht lernen, ist die Gefahr groß, dass wir uns wie Eisblock-Hersteller des ausgehenden 19.Jahrhunderts verhalten. Diese hatten mit ihren genormten Eisstangen ihre Betriebe und Logistik hoch effizient organisiert, sowie die internationalen Märkte dominiert. Erzeugt und weltweit ausgeliefert wurden dabei viele Millionen Tonnen Eis pro Jahr, die in der Industrie und in Kühlboxen, auch in Haushalten, verwendet wurden. Bis die elektrische Kälteanlage das Thema Kühlung revolutioniert und das Eis-Business innerhalb kurzer Zeit komplett zerstört hat. Kein Eishersteller wurde Kühlschrankhersteller. Diesen Fokus aufdie lnnovationsfähigkeit des eigenen Betriebes und Netzwerkes kann man aufbauen. Im konkreten Fall der Digitalisierung beginnt das für mich mit dem Smartphone und den darauf installierten Apps der Geschäftsführung. Ist es im aktiven Einsatz für eine Vielzahl von täglichen Arbeiten, eingebunden in Workflows und wird von seinem Nutzer oder seiner Nutzerin virtuos gehandhabt, weiß ich als Innovationscoach, dass auch die Digitalisierung des Betriebes kein Problem bereiten wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein iPhone oder ein Android—Gera“t handelt. Digitalisierung ist eben eine Frage der Einstellung, nicht der Technik, und zuallererst die Aufgabe des CEO, und nicht des CIO.

Wie können Ihrer Meinung nach Unternehmen bei der schnellen Taktung der Digitalisierung mithalten?

Digitalisierung ist ja erst einmal eine Chance für Veränderung. Eine Aufforderung des Marktes, das eigene Business aus neuen Blickwinkeln zu betrachten und Impulse für einen Transformationsprozess abzuleiten. Während es für manche nicht schnell genug gehen kann, sind die meisten Menschen Veränderungen eher abgeneigt. Grob gesagt: 20% lassen sich gerne darauf ein, die restlichen 80% wollen nicht, dass sich etwas ändert. Um am Fortschritt dran zu bleiben, brauchen wir einfache und vor allem regelmäßige Vorgehensweisen im Unternehmen. Dazu gehören sogenannte agile Methoden, die wir aus Softwareunternehmen abgewandelt übertragen auf andere Organisationen.
Dies können mittelständische Unternehmen auch gefördert bekommen.

Wir müssen aber vor allem lernen, mit Unsicherheit umzugehen. Mein persönlicher Favorit für Entscheider: die Unternehmensplanung weiterhin auf 5 Jahre erstellen, aber mindestens alle 2 Jahre komplett in Frage stellen, besser jährlich. Bringt das Unsicherheit? Ja, in einer guten Weise. Je früher wir als Gesellschaft, als Unternehmen und als Beteiligte lernen, damit umzugehen, außerhalb unserer Komfortzone zu leben, desto besser werden wir anstehende Änderungen konstruktiv nutzen.

Digitalisierung bedeutet, nicht einfach analoge Prozesse in digitale abzubilden. Stattdessen ist es wichtig, bei der Wandlung Innovationen zu fördern. Wie geht das?

Hier sehe ich immer wieder 3 Punkte. Zuerst: Die Basics haben wir häufig, wir kombinieren sie nur noch nicht richtig miteinander. Beispiel Kommunikation: Auf einer persönlichen Ebene hat jedelr mittlerweile ein Smartphone mit einem Messenger wie WhatsApp. Doch wie viele Firmen setzen es auch (offiziell) für die Kommunikation im und um das Unternehmen ein? Anderes Beispiel: Im Büro nutzen wir vielfach Word, Excel und Powerpoint, um die spannendsten Dinge zu erarbeiten. Doch wie häufig senden wir Versionen herum, statt daran gemeinsam, gleichzeitig zu arbeiten? Gerade in der Produktion werden wir die tiefgreifendsten Veränderungen erleben: Heute haben moderne Maschinen Sensoren, komplexe Steuerungsprogramme und Netzwerkverbindungen. Doch wie häufig sind diese Maschinen über Zuliefernetzwerke zusammengeschaltet, um die Produktion und Logistik zu synchronisieren
und Maschinen rechtzeitig zu warten? Diese Anwendungen werden getrieben von dem Nutzen, den Einzelne sehen, nicht von der technischen Verfügbarkeit, denn die ist häufig gegeben. Und deswegen ist es eine Aufgabe aller in einem Unternehmen, offen für deren Nutzen zu sein und damit zu experimentieren. Und die Unternehmensleitung muss hier mit gutem Beispiel vorangehen.

Zweiter Punkt: Es ist meist sinnvoller, bereits in die Software integrierte und bewährte Standardprozesse, z. B. im e-Commerce, zu implementieren, statt diese neue Software nach den eigenen Prozessen anzupassen. Das reduziert Kosten, spart Zeit und führt zu einer Anpassung des Unternehmens an die neuen Voraussetzungen im Markt. Viele Organisationen machen es anders herum, zahlen dafür viel Geld extra und verschenken die Chance der Weiterentwicklung.

Drittens: Einen solchen Veränderungsimpuls sollte man als Unternehmen aktiv weiter nutzen, die eigenen Prozesse und Leistungen der Firma zu erneuern. Gewöhnt man eine Organisation an ständige Innovation, geht das irgendwann fast wie auf Autopilot. Das dauert zwar, ist aber eine der wenigen Möglichkeiten, langfristig Relevanz am Markt zu haben.

Das ganze Interview des IHK- Magazin mit Dr. Klaus Reichert finden Sie hier.

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Dr. Klaus Reichert Unternehmensberater

 

 

Dr. Klaus Reichert
Coach Smart Innovation & Business Design

 

 

 

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